Napoleon auf dem Rückzug von Moskau
Napoleon auf dem Rückzug von Moskau

Napoleons Russlandfeldzug von 1812 stellt die erste Phase des Sechsten Koalitionskriegs dar, in dem sich Frankreich und Russland mit ihren jeweiligen Verbündeten gegenüberstanden. Der Feldzug endete nach anfänglichen französischen Erfolgen in einer der größten militärischen Katastrophen der Geschichte.

Vorarlberger im Russland-Feldzug 1812

Sigi Schwärzler, Autor von "Vorarlberger im Russland-Feldzug 1812", hat diesen Bericht bereits in den "Dornbirner Schriften - Beiträge zur Stadtkunde 47" veröffentlicht. Mit Genehmigung des Autors erscheint nun sein Bericht auch in diesem Blog. Die Genealogien von hier erwähnten Personen befinden sich im Stammbaum-Netzwerk der Ahnenforscher-Webseite www.verwandten.info.

Vor 212 Jahren fegte ein Sturm durch Europa. Napoleon, Kaiser der Franzosen, wirbelte die alte Staatenwelt durcheinander. Bayern wechselte auf seine Seite und gewann die Königskrone. Das hatte seinen Preis: Die bayerischen Soldaten marschierten an der Seite des Kaisers durch halb Europa und bis in den Abgrund. Dabei stellt der Feldzug Napoleons gegen Russland im Jahr 1812 eine der größten militärischen Katastrophen der Neuzeit dar. Die vernichtende Niederlage der "Grande Armée", die zu Kriegsbeginn etwa 600.000 Soldaten gezählt hatte, bedeutete den Anfang vom Ende des ersten französischen Kaiserreichs. Im kollektiven Bewusstsein Europas ist der französisch-russische Krieg bis zum heutigen Tag fest verankert. Dies liegt vor allem an seinem dramatischen Verlauf. Ereignisse wie die Feldschlacht bei Borodino, die Zehntausenden das Leben kostete, der Brand Moskaus oder der französische Rückzug aus Russland bei Eis und Schnee symbolisierten eindringlich die Grausamkeit des Krieges. Sie verleihen dem Feldzug von 1812 eine Bedeutung, die über das historische Geschehen hinausweist.

Warum kämpften Vorarlberger Rekruten unter Napoleon?

Nach der verlorenen "Dreikaiserschlacht" bei Austerlitz musste Kaiser Franz I. in einen sofortigen Waffenstillstand einwilligen. Die Bedingungen des am 26./27. Dezember 1805 geschlossenen Friedens von Pressburg waren hart: Die Habsburger Monarchie verlor erhebliche Gebiete an das Königreich Italien sowie an Württemberg und Baden. An Bayern mussten Tirol und vor allem die "sieben Herrschaften im Vorarlbergerischen mit ihren Inklavierungen" samt der Grafschaft Hohenems – kurz gesagt: etwa das Gebiet des heutigen Landes Vorarlberg, abgegeben werden.1

Gemäß einem Entschädigungsplan vom Dezember 1805 hätten Vorarlberg, das Allgäu und das Bodenseegebiet zu Württemberg kommen sollen. Der bayerische Unterhändler Freiherr Gravenreuth war damit nicht zufrieden, protestierte und wandte sich zunächst an den französischen Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand, der jedoch die Interessen Württembergs unterstützte und ihn abwimmelte. Unbeeindruckt besorgte er sich einen Audienztermin bei Napoleon und brachte sein Anliegen vor. Napoleon sagte zu ihm "Wie, ist Ihnen das noch nicht genug?" Der Kaiser deutete auf eine Landkarte und sagte: "Nun gut, nehmen Sie!" Eine Armbewegung, welche für Gravenreuth bedeutete, dass Vorarlberg, Kempten und Lindau für Bayern erhalten blieben. Napoleon ließ seinen Außenminister rufen, um den Vorgang zu protokollieren. Dieser weigerte sich jedoch unter Hinweis auf die bestehenden Vereinbarungen mit Württemberg. Daraufhin Napoleon herrisch: "Je le veux, ecrivez!" Ich will es so, schreiben Sie!2

Allgemeine Wehrpflicht

Bayern hatte als Rheinbundstaat (Bündnisverpflichtung) zunächst 30.000 Mann und im weiteren Verlauf nochmals 6.000 zu stellen. Dies erforderte den Übergang vom Söldnerwesen zur Wehrpflicht. Nur so konnte die große Zahl an Soldaten gestellt werden, die die Napoleonischen Kriege erforderten. In die bayerische Verfassung wurde daher ab 1805 die allgemeine Wehrpflicht aufgenommen. Vorbild waren dabei die französischen Revolutionsheere mit ihrer "Levée en masse" (Massenaushebung).3

Rekrutierung und Wehrpflicht beschränkten sich vorerst nur auf männliche bayerische Untertanen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren. Die Dienstzeit betrug acht Jahre. Nach 1809 waren es noch sechs Jahre, wobei Kriegsjahre doppelt zählten. Tatsächlich mussten sich hauptsächlich Söhne von Kleinbürgern, Bauern und Angehörige der nicht bürgerlichen Schichten stellen. Nach französischem Vorbild gab es allerdings die Möglichkeit, sich durch einen Ersatzmann vertreten zu lassen. Wer Geld hatte, war hier definitiv im Vorteil. Ansonsten war ein kleiner Personenkreis – Adelige, Lehrer, angehende Pfarrer und einzige Söhne einer Witwe – von der Wehrpflicht befreit.4

In Vorarlberg und Tirol galt bis in dieser Zeit die Wehrverfassung von Kaiser Maximilian, die nur im Kriegsfall das Aufgebot der Schützen zur Landesverteidigung vorsah. Alle späteren Bemühungen österreichischer Herrscher, aus Vorarlberg Rekruten zu erhalten, scheiterten an den Landständen, welche die Landesverteidigung als ihre Domäne verstanden. Am 15. November 1806 wurde die Wehrverfassung Vorarlbergs durch Bayern offiziell aufgehoben und damit der Einfluss der Stände auf die Landesverteidigung endgültig beendet.

Die Bayern als Verbündete Napoleons benötigten dringend Soldaten und rekrutierten diese in ihren neuen Ländereien. Zur Auffüllung der schwäbischen Truppen des bayerischen Militärs hatte Vorarlberg seine jungen Männer als Kanonenfutter abzugeben. 1806 begannen die Bayern in Vorarlberg mit allgemeiner Rekrutierung und der Musterung junger Männer, während sie es in Tirol erst 1809 wagten.

Nicht zuletzt war dies auch einer der Gründe für den Aufstand.5 In Vorarlberg stießen die dauernden Rekrutierungen auf zunehmenden Widerstand, der von Versuchen, die Söhne zu verstecken, bis zu handfesten Aufständen reichte. So geschehen 1807 im "Weiberaufstand von Krumbach". Dabei war es nicht einmal so sehr die neue Wehrverfassung selbst, wogegen die Bevölkerung ankämpfte, sondern der Unwille, für eine fremde Sache außerhalb des eigenen Landes zu kämpfen und zu sterben.6

Die bayerische Untersuchungskommission hatte in den Gemeinden in sogenannten Musterrollen die Namen der wehrpflichtigen jungen Männer zu erfassen, musste deren Aufenthalt eruieren und ihnen selbst ins Ausland die Stellungspapiere nachsenden. In den Konskriptionspapieren waren die Personaldaten, die Namen der Eltern, der Beruf und die Vermögensverhältnisse einzutragen. Der Ratsdiener hatte den jungen Männern die gedruckten Vorladungen zur Stellung zu überbringen. Vorarlberg hatte im Sommer 1806 geforderte 138 Rekruten zu stellen. Für ein kleines Land keine einfache Aufgabe. Viele Männer befanden sich aufgrund ihrer Arbeit (Saisonwanderung) im Ausland und zudem war die Neuorganisation des Landes durch die Staatsverwaltung in Bayern noch nicht abgeschlossen. Aus diesem Grund wurde die Zahl der Einzurückenden zunächst auf 96 gesenkt und es durften auch solche Männer gestellt werden, die unter dem Begriff "heruntergekommene Subjekte" eigentlich nichts im modernen bayerischen Heer zu suchen hatten.7

Besonders zu bedauern waren jene Vorarlberger, die aus dem österreichischen Heer entlassen wurden, nach Vorarlberg zurückkamen und von den Bayern erneut rekrutiert werden sollten. Hatte man ursprünglich nur die 19-Jährigen zur Armee eingezogen, holte man zunehmend auch Ältere und Jüngere zu den Waffen. Bereits am 3. Dezember 1806 forderte die Regierung abermals 101 Soldaten. Im Sommer 1807 folgte ein dritter Aufruf, nunmehr 96 Rekruten zu stellen. Nach einer 1808 erstellten Rekrutierungsliste mussten abermals 169 junge Vorarlberger zum Wehrdienst gestellt werden. In der bayerischen Garnisonsstadt Ingolstadt wurden die Rekruten den Regimentern zugeteilt.8

Flucht vor der Rekrutierung

Die andauernden Kriege Napoleons forderten von dem auf seiner Seite kämpfenden Bayern große Truppenkontingente, was sich wiederum auf Vorarlberg auswirkte. Kein Wunder, dass es zu Unmutsäußerungen und offenem Widerstand gegen die Rekrutierungen kam. Der Widerstand zeigte sich vor allem in Desertionen, die man durch drakonische Strafen zu unterbinden versuchte. Das Los entschied über das weitere Schicksal der jungen, ledigen Männer. Einige flohen aus dem Land in die Schweiz oder erschienen einfach nicht. Viele retteten sich durch eine schnelle Heirat vor der Rekrutierung. In der Schneider Chronik von Wolfurt sind von 27. Jänner bis 17. Februar 1806 22 junge Paare aufgelistet, die sich in Massenhochzeiten vor dem Soldat-Werden drückten.9

Vielsagend ist auch die Aufstellung von Wachen bei der "Konskription" (Aushebung zum Wehrdienst). Ihre Aufgabe war die "Aufhebung der flüchtigen Burschen". Ein deutlicher Hinweis auf die bei der Stellung herrschende Stimmung, sowohl bei den jungen Männern wie auch bei den Verantwortlichen. So mussten während der Konskription in Altenstadt im Jahre 1810 zwei Züge Militär dorthin bestellt und nach ihrer Rückkehr in Feldkirch einquartiert und versorgt werden. Diese Abkommandierung von Soldaten zu einer Konskription wirft ein Licht auf das mangelnde Vertrauen in die Bevölkerung. Desertionen von Vorarlbergern aus dem bayerischen Heer kamen häufig vor, wie in den im Bayerischen Regierungsblatt veröffentlichen Fahndungslisten nachzulesen ist.10

Russland-Feldzug

Der Russland-Feldzug von 1812 gilt nach wie vor als eines der größten militärischen Desaster der Geschichte. Eine Armee unvorstellbarer Größe, das stete Zurückweichen der Russen und ihre Taktik der verbrannten Erde, die der nachrückenden "Grande Armee" jede Grundlage zum Überleben nahm. Der Brand von Moskau, der schauerliche Rückzug durch Eis und Schnee, der Übergang über die Beresina und schließlich die Tatsache, dass nur ein Bruchteil dieser riesigen Armee überlebte. Diese Bilder üben auch heute noch eine beklemmende Faszination aus.

Totenschein von Josef Luger aus Dornbirn-Sägen. Gestorben am 28.11.1813 im Hospital in Neckarsulm an Febris nervosa (Nervenfieber)

Ein Auszug aus dem Tagebuch des sächsischen Generalleutnants Ferdinand v. Funck (Kommandant der 21. Division) schildert die Situation in den Anfängen des Feldzuges: "Durch die ermüdenden langen Märsche, die Hitze, das schlechte Wetter, die noch schlechtere Verpflegung und den Mangel an Bekleidung bei unsern fast ganz abgerissenen Montierungsstücken waren Krankheiten ausgebrochen. Die Ruhr wütete förmlich unter den Regimentern, und wenn wir unterwegs haltmachten, musste allemal nach dem Winde die Seite bestimmt werden, nach der die Leute zur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse antreten sollten, weil fast in wenigen Minuten die Luft verpestet war. Noch starben zwar nur wenige an dem Übel, aber die Kranken waren so matt, dass sie auf Bauernwagen gefahren werden mussten. Ihr Anblick in unserer Mitte war nicht tröstlich, und sie konnten sich nur langsam erholen, weil wir von Feinden umgeben, nirgends ein Lazarett für sie einrichten konnten. In unserem Aufzuge glichen wir mehr einer Herde zerlumpter Bettler als Soldaten. Die Mäntel waren auf den Biwaks verfault, die meisten hatten sie bis an die Hüfte abgeschnitten und trugen sie nun wie Spenzer. Nur wenige hatten noch ganze Hosen, viele bloß noch die Leinwandbeinkleider, und diese zum Teil so zerrissen, dass überall das Fleisch heraussah. Noch schlimmer sah es um Schuhe, Gamaschen und Strümpfe aus, und es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, dass bei jedem Bataillon dreißig bis vierzig Mann barfuß gingen …"11

Als bayerische Untertanen waren Vorarlberger unter den Soldaten, die in die Katastrophe des Russland-Feldzuges hineingezogen wurden. Nicht tausende, aber doch hunderte Vorarlberger Wehrpflichtige mussten als Soldaten Bayerns nach Russland ziehen. Die meisten von ihnen kamen nicht zurück. Es ist anzunehmen, dass sie sich von den bayerischen Soldaten nicht sehr unterschieden. Sie litten ebenso an Heimweh, starben in den Lazaretten an Krankheit und Verwundung oder blieben wie viele als Vermisste in Russland. Die extremen Bedingungen und die katastrophale Versorgungslage führten zu einem Massensterben. Krankheiten und Infektionen blieben nicht aus. Diarrhoen (Ruhr) und Entkräftung (Marasmus) forderten die meisten Todesopfer. Nur eine verschwindend kleine Anzahl von Soldaten starb tatsächlich auf dem Schlachtfeld. Wer das Glück hatte, den Feldzug zu überleben, kehrte mit Erfrierungen nach Hause zurück, um dort oft nach nur wenigen Jahren an den Folgen zu sterben.12

Siegfried Heim berichtet, dass 20 Jungmänner aus Wolfurt in den Reihen der Bayern nach Russland marschiert sind. Nur drei konnten die Heimat wieder sehen. Von einem, Michael Schneider, wird erzählt: "Er hätte eine ihm abgefrorene Zehe, in Papier eingewickelt, nach Hause gebracht. Die Rettung sei ihm nur dadurch möglich geworden, dass er sich in der größten Not an einen Rossschweif hängen und weiterschleppen konnte." Schneider soll mit seiner Truppe im Oktober 1813 noch an der Völkerschlacht bei Leipzig teilgenommen haben.13

Konrad Steurer ("Schlossers Karle") aus LangeneggAuch Konrad Steurer ("Schlossers Karle") aus Langenegg war bei denen, die in Ingolstadt ausgebildet wurden und dann Richtung Osten marschiert sind. Der Marsch in die russische Ebene war mit vielen Strapazen verbunden. Und als das Heer in Moskau die Winterquartiere beziehen wollte, wurde die Stadt angezündet. Just in den Stunden, da der erste Schnee fiel und sibirische Kälte einbrach. Viele erfroren, viele wurden von den von allen Seiten angreifenden Kosaken erschlagen oder ertranken beim Übergang über die Beresina. Was übrig blieb, waren zersprengte Scharen ausgemergelter Infanteristen, die von Glück reden konnten, wenn sie die deutsche Grenze erreichten. Schlossers Karle zählte zu den wenigen, die den Feldzug überstanden. Ein Brief an die Eltern, das erste Lebenszeichen, das nach vielen Monaten in die Heimat gelangte. "… Mein trauriges Schicksal, liebe Eltern, kann ich nicht klagen, dieweil ich hoffe, es möchte Sie zu viel Schmerzen verursachen. Wenn ich alles schreiben wollte, so könnten meine Hände vor Zittern und meine Augen vor Weinen und Tränen nicht sehen … Doch hat mir Gott geholfen. Zwar aus Russland bin ich mit schweren Füßen herausgegangen, die Zehen an die Füße sind beinahe alles bis dicht an die Füße fort … Ein Jahr habe ich mich an diesem Marktflecken aufgehalten und wurde gespeist von einem Bauern zum anderen."

Im Juli 1814 war Karle so weit wieder hergestellt, dass er mit dem Marsch nach Hause beginnen konnte. Drei bis vier Meilen waren der Tagesdurchschnitt des Invaliden, und alle sieben Tage legte er einen Ruhetag ein. Am 10. Oktober 1814, somit nach drei Monaten, erreichte er sein Heimathaus. Dabei soll er in einem Zustand angekommen sein, dass ihn selbst die Mutter nicht erkannte. Vom Landesgericht Bezau erhielt er die "Gerechtsame" (Konzession) für die Ausübung des Schlossergewerbes. Schlossers Karle, daher sein Hausname, starb 88-jährig im Jahre 1878.14

Gebhard Gierer, der Großvater des Geistlichen Rats Ferdinand Gierer, Stadtpfarrer von Hatlerdorf und Ehrenbürger der Stadt Dornbirn, hatte ebenfalls in der bayerischen Armee verschiedene Feldzüge unter Napoleon von 1808 bis 1815 mitgemacht. Er war kein gebürtiger Vorarlberger, sondern erblickte in Wasserburg am Bodensee das Licht der Welt. Im Jahre 1860 diktierte er seine Erlebnisse einem Dorflehrer in Wasserburg. Sie sind in einem 195 Seiten umfassenden Büchlein aufgezeichnet. Gierer übersiedelte später nach Bregenz, wo sein Bruder das Heidelberger Fass erbaute, welches Adam Gierer (Vater von Pfarrer Gierer) erwarb und bewirtschaftete.15

Wie viele Vorarlberger im bayerischen Heer nach Russland gezogen sind, ist nur bedingt zu beantworten. In den Musterrollen der Regimenter, die sich im Kriegsarchiv in München befinden, ist nicht aufgeführt, welcher Soldat wo gestorben ist oder ob der Betroffene überhaupt in Russland war. Allerdings kann die Regimentszugehörigkeit etwas weiterhelfen, da bekannt ist, welche bayerischen Regimenter 1812 nach Russland marschiert sind.16

19. Division - General von Deroy

  • 1. Infanteriebrigade
    1. leichtes Infanteriebataillon
    I. Linieninfanterie-Regiment "König"
    IX. Linieninfanterie-Regiment "Ysenburg"
  • 2. Infanteriebrigade
    3. leichtes Infanteriebataillon
    IV. Linieninfanterie-Regiment "Sachsen Hildburghausen"
    X. Linieninfanterie-Regiment "Junker"
  • 3. Infanteriebrigade
    6. leichtes Infanteriebataillon
    VIII. Linieninfanterie-Regiment "Herzog Pius"
    XIII. Linieninfanterie-Regiment
  • Kavalleriebrigade
    I. Chevaulegersregiment
    III. Chevaulegersregiment
    VI. Chevaulegersregiment

20. Division - General Graf von Wrede

  • 1. Infanteriebrigade
    2. leichtes Infanteriebataillon
    II. Linieninfanterie-Regiment "Kronprinz"
    VI. Linieninfanterie-Regiment "Herzog Wilhelm"
  • 2. Infanteriebrigade
    4. leichtes Infanteriebataillon
    III. Linieninfanterie-Regiment "Prinz Carl"
    VII. Linieninfanterie-Regiment "Löwenstein-Werthheim"
  • 3. Infanteriebrigade
    5. leichtes Infanteriebataillon
    V. Linieninfanterie-Regiment "Preysing"
    XI. Linieninfanterie-Regiment "Kinkel"
  • Kavelleriebrigade
    II. Chevaulegersregiment "Taxis"
    IV. Chevaulegersregiment "König"
    V. Chevaulegersregiment "Leiningen"

Rebecca Eiter listet in ihrer Diplomarbeit 115 Soldaten auf, die eindeutig gemäß den Musterlisten im Vorarlberger Landesarchiv in Russland waren. In den Sterberegistern wird meist nur festgehalten, dass es sich bei den Verstorbenen um königlich bayerische Soldaten handelte. Auch findet sich der Vermerk: Seit dem Feldzug 1812 entflohen, desertiert oder einige Jahre später für tot erklärt (Kreuzsteckung).17

Dennoch muss die Zahl der Vorarlberger im Russland-Feldzug nach oben revidiert werden. Die Dornbirner Gemeindevorstehung meldete am 24. April 1815 49 Namen Dornbirner Soldaten im königlich bayerischen Militärdienst, welche bis dato noch nicht in die Heimat zurückgekehrt waren.18 46 "Individuen" wurden auch noch am 3. August 1815 vermisst.19

Wo die Mehrheit der Verstorbenen ihr Leben ließ, lässt sich nicht genau klären. Die meisten Soldaten scheinen den Strapazen des Marsches erlegen zu sein. Doch wie viele von ihnen im Lazarett, in Kriegsgefangenschaft oder als Deserteure starben, bleibt ungewiss. Auf Grund des Umstandes, dass die vermissten Soldaten teilweise erst sehr spät für tot erklärt wurden, stellte für die Angehörigen ein Problem dar: Wem stand der Nachlass der Vermissten zu? Wie lange sollte man auf ihre Rückkehr warten, bis das Erbe an die Hinterbliebenen verteilt wurde?

Gemäß der Chronik des Pfarrers Karl Johann Gunz aus Nenzing sollen 22 Männer aus seiner Pfarrgemeinde am Russland-Feldzug teilgenommen haben. Mutmaßlich sind nur zwei davon heimgekehrt, darunter auch der "alte Ruch". Josef Ruch, nachmaliger Wirt aus Beschling, gestorben im März 1864. Er marschierte mit einem gewissen Gambs von Nenzing im bayerischen Heer bis knapp vor Moskau. Bemerkenswert ist, dass Ruch auf dem mit größten Entbehrungen zurückgelegten Rückzug vier Rollen 20 Franken Stücke erbeutete. Das Geld wurde ihm von Polen und Russen bis auf fünf Stück wieder abgenommen. Diese fünf Geldstücke nähte sich der Flüchtling in ein Tuch ein, welches er in Stunden der Gefahr wie einen "Tschick" im Mund hielt. Beim Rückmarsch verstauchte Ruch sich das Kniegelenk, wurde gefangen genommen und in ein russisches Spital gebracht. Nach seiner Heilung hatte er die Wahl zwischen russischem Militärdienst (Deutsche Legion) oder einem Aufenthalt in Sibirien. Er zog Ersteres vor und wurde bei einem alten, pensionierten Hauptmann einquartiert. Bei diesem wohnte außer der Frau noch eine junge Nichte, die sich in den flotten Beschlinger verliebte. Der Hauptmann erwirkte die Militärbefreiung Ruchs, worauf die Verlobung mit dem russischen Fräulein stattfand. Der alte Offizier übergab beiden Verlobten sogar sein Privatgeschäft. Sobald jedoch der Beschlinger die Freiheit wieder besaß und Geld hatte, kam das Heimweh nach dem Walgau. Die Liebe zur jungen Russin war nie so gegenwärtig, und so machte er sich in einer Nacht mit Speck und Geld bestückt aus dem Staube und kam nach drei Tagen an die Nordsee. Mit einem Schiff gelangte er bis nach Danzig, von wo er mittels Vorspann nach München und weiter nach Lindau fuhr. Nach dem Abschied aus der russischen und bayerischen Armee erhielt Ruch das Bürgerrecht im ehemals österreichischen Teil Bayerns. Im Wirrwarr des Rückzuges ging sein guter Kamerad Gambs verloren. Einen Monat später jedoch kehrte auch dieser in die Heimat zurück, wo er jedoch kurze Zeit darauf starb.20

Arthur Schwarz berichtet in der Egger Dorfchronik von zwölf Mann, die sich 1812 am Russland-Feldzug beteiligten, wobei nur zwei den Weg zurück in die Heimat schafften. Hermann Josef von der Parzelle Bühl kehrte 1814 über Archangelsk aus der Gefangenschaft zurück, während Michael Ratz von der Gerbe erst im Jahre 1821 den Bregenzerwald wieder gesehen hat.21

Dornbirner Heimkehrer

Als Johann Schwendinger, geboren am 6.3.1790, neun Jahre alt war, starb seine Mutter. Sein Vater Johann Michael Schwendinger, Säger und Müller in Mühlebach, folgte fünf Jahre später. Schon als kleiner Junge war er gerne beim Nachbarn, dem Lehrer und Schreinermeister Josef Wirth in der Küferbachgasse 3, und seiner kinderlosen Frau Magdalene. Daher sein Vulgo-Name "Lehrers Hannes". So war es naheliegend, dass er den Beruf als Schreiner erlernte und ausübte. 1799 erlebte der 9-Jährige den Einzug der Russen unter General Alexander Suworow in Dornbirn.22

Johann Schwendiger war im Jahre 1809 zum Militär assentiert (für tauglich erklärt) worden und zog im Februar 1812 mit dem bayerischen Korps nach Russland. Als Soldat beim königlich bayerischen 6. leichten Infanteriebataillon wurde er bei den Rückzugsgefechten am Niemen Ufer (Memel – Grenzfluss zwischen Polen und Weißrussland) gefangen genommen und geriet mit seinem Kompaniekommandanten in Mogilev am Dnjepr (200 km östlich von Minsk) in Gefangenschaft. Dort hielten sie sich ein halbes Jahr auf, wobei er seinen, mit schweren Erfrierungen anzutreffenden Oberleutnant öfters im Spital besuchte. Die Mahlzeiten waren sehr karg bemessen und mehrere Wochen hindurch war nagender Hunger sein Küchenmeister. Das Nachtlager wurde ihm nebst mehreren Mitgefangenen in den ärmlichen Hütten meist unter dem großen Lehmofen zugewiesen, wobei ihm das zahllos vorkommende Ungeziefer (Läuse, Ratten) oftmals die wenigen Stunden erquickenden Schlafes raubte. Die Behandlung Kriegsgefangener war zur Zeit der Napoleonischen Kriege noch nicht kodifiziert. Die bayerischen Soldaten wurden nach ihrer Gefangennahme in Russland ins Innere des russischen Reichs verbracht, unter anderem auch in der Absicht, sie für die Russisch-Deutsche Legion anzuwerben. Schwendinger widerstand allen Versuchen, ihn zum Eintritt in die Legion zu bewegen. Als überzeugter "Bowanzi" (russische Bezeichnung für einen Bayern) war er stolz auf seinen Nationalgeist und seinem König treu ergeben.

Hauptmann Leonhard Freiherr von Hohenhausen (1788-1872)So wurden in weiterer Folge die beiden bayerischen Soldaten Schwendinger und Oberleutnant von Hohenhausen nach Orel an der Oka, 350 km südwestlich von Moskau, verlegt, wo sie unter großer Entbehrung und bei harter Arbeit ausharren mussten. In der Gefangenschaft teilte Schwendinger mit seinem Offizier in brüderlicher Weise alles, was er hatte, da er durch eine Professionsarbeit bei einem Tischler einen Unterhalt erwarb und somit etwas Geld zur Verfügung hatte. Mittlerweile waren die Schlachten des Befreiungskrieges geschlagen und Napoleon bei Leipzig zum Rückzug nach Frankreich gezwungen worden. Dennoch konnten erst nach dem preußisch-russischen Bündnis vom Frühjahr 1814 die ersten Überlebenden nach Bayern zurückkehren. Endlich, nach 14 Monaten, winkte auch ihnen das lang ersehnte Glück. Die Stunde der Erlösung. Oberleutnant Freiherr von Hohenhausen und Soldat Schwendinger trennten sich nun und jeder kehrte in seine Heimat zurück. Von Hohenhausen nach Bayern und Schwendinger in das nun wieder mit dem Hause Habsburg vereinte Vorarlberg.23

Im Dezember 1852 besuchte Ernest Rhomberg, königlich bayrischer Geniehauptmann, ein Sohn des Joseph Anton Rhomberg, königlicher Historienmaler in München, seine Verwandten in Dornbirn: "An einem wunderschönen Nachmittag wollte ich eine ehemalige Burgstelle, das Bürgle genannt, besuchen. Ich hatte in Begleitung meines Vetters, des Guts- und Fabrikbesitzers Wilhelm Rhomberg bereits die letzten Häuser von Mühlebach, ober welchem diese Burgstelle liegt, passiert, als ich meines Vetters und meinen Namen rufen hörte. Wir drehten uns nach der Gegend des Rufes und sahen einen Mann in größter Eile auf uns zukommen. Das ist Schwendinger, der schon seit Jahren nach dir fragt, sagte mein Vetter und bald stand Schwendinger, ein schöner Greis mit Silberlocken vor mir, ergriff mit sichtlicher Rührung meine Hände und pries sein Glück, endlich wieder einmal eine bayrische Uniform zu sehen. Kaum vollends zu Atem gekommen, war aber seine erste Frage, ob ich nicht einen Hauptmann von Hohenhausen kenne. Ich musste daher Schwendinger`s Frage verneinen. Schwendinger war aber mit dieser noch nicht zu Ende, sondern begann mit Tränen in den Augen sogleich zu erzählen, dass er mit dem Hauptmann Freiherr von Hohenhausen, damals noch Oberleutnant in Russland anno 1812/13 kriegsgefangen und Bedienter dieses Herren war, dass er aus den trüben Tagen dieser Gefangenschaft noch einen hölzernen Löffel von diesem seinen unvergesslichen Herren bewahre, dass er auch noch ein Zeugnis besitze, welches ihm derselbe, aus der Gefangenschaft zurückgekehrt und zum Hauptmann avanciert, ausgestellt habe. Wir gaben den Vorsatz, das Bürgle zu besuchen auf, und begaben uns nach dem Hause Schwendinger`s, an dessen Türe uns seine Frau erwartete. Da wurde aus einem Kästchen wohl verwahret die teuren Erinnerungszeichen hervorgeholt. Es erschien das Bayrische Armee-Dienstzeichen für die Feldzüge 1813, 1814 und 1815, Schwendinger`s Abschied aus der Bayrischen Armee, der als förmliches Heiligtum verehrte hölzerne Löffel und das Zeugnis, dessen Unterschrift mir die wohlbekannten Schriftzüge Seiner Excellenz des Herrn von Hohenhausen zeigte".24

Franz Josef Salzmann (1789-1870), Johann Georg Schwendinger (1790-1873), Johann Schwendinger (1790-1864)

Als Rhomberg dann Mitte Jänner 1853 abreiste, gab Schwendinger ihm noch einen Brief an seinen geschätzten Offizier mit, welcher Veranlassung war, dass Freiherr von Hohenhausen Johann Schwendinger traf, als er das 4. Jägerbataillon in Lindau inspizierte. So vergingen seit dem Russland-Feldzug wohl an die 41 Jahre, bis der mittlerweile zum Generalleutnant und Kommandant des 7. Infanterieregiments ernannte Freiherr von Hohenhausen im Oktober 1853 in Lindau zur Inspizierung der dortigen bayerischen Garnison erschien. Als er in Begleitung einiger Offiziere abends an dem damals neu errichteten Hafenkai entlang promenierte, erklärten die Begleiter ihm die dem See gegenüberliegenden Ufer. Plötzlich und ganz unerwartet fragte Seine Exzellenz: "Sieht man von hier aus auch Dornbirn?" Auf die bejahende Antwort und nachdem die Offiziere ihrem General den Marktflecken gezeigt hatten, sagte er, dass er morgen dorthin fahren wolle. Und richtig, am anderen Tage hielt eine Equipage (Aufmachung eines Gespannes) vor dem Gemeindehaus in Dornbirn und der Adjutant erkundigte sich, ob der Veteran Johann Schwendinger noch lebe und wo er wohne.

Und nun fuhr die Abordnung hinauf nach Mühlebach, hielt vor einem kleinen, ärmlichen Bauernhaus – der General besuchte den alten Schwendinger, der einstens mit ihm das harte Los der Gefangenschaft geteilt hatte. Der General war kein anderer als der Oberleutnant Leonhard Freiherr von Hohenhausen aus dem Jahre 1812. Tränenden Auges erkannte Schwendinger nach langem seinen alten Offizier und wusste sich kaum zu fassen über die Ehre, die ihm jener in dankbarer, pietätvoller Gesinnung erwies. Aber seine Exzellenz war damit nicht zufrieden. Er schenkte Schwendinger sein Porträt und lud ihn ein, mit nach Lindau zu fahren. Dort fand ein Offiziersbankett zu Ehren Seiner Exzellenz statt. Als alle Offiziere versammelt waren, führte Herr Generalleutnant Freiherr von Hohenhausen seinen alten Kameraden in den Saal und stellte den einfachen alten Mann den Versammelten vor, indem er dessen Freundschaft, die sie beide miteinander in Zeiten harter Gefangenschaft verband, ehrend hervorhob.

Schwendinger verlebte da die schönsten Stunden seines Lebens, wie er oft strahlenden Auges erzählte. Nach arbeitsreichen Jahren in seinem geliebten Heimatdorf Mühlebach verstarb er 1864.25

Der zweite Mühlebacher, Johann Georg Schwendinger ("Marxes"), am 20.4.1790 geboren, rückte am 20. Jänner 1807 zum 6. leichten Infanteriebataillon Baron G. v. Taxis ein und musste als bayerischer Soldat gegen seine österreichischen Brüder, die Tiroler, kämpfen. Verschiedene Quellen gehen davon aus, dass er 1809 unter General Wrede gegen Hofer und seine Getreuen im Kampfgeschehen war, den Brand von Schwaz erlebte sowie an der Schlacht am Berg Isel und am Überfall an der Pontlatzer Brücke teilnahm. 1812 zog er ebenfalls wie sein Großcousin Johann Schwendinger in den gefahrvollen russischen Feldzug. Bei den Gefechten in Moskau wurde seine Einheit aufgerieben, und er kam in russische Gefangenschaft. Aufgrund seiner geradezu eisernen Gesundheit konnte er den entsetzlichen Entbehrungen, dem grausamen Hunger und der fürchterlichen Kälte Trotz bieten. Viele Jahre später konnte er sich auf Umwegen in die Heimat absetzen. Er verstarb 1873 in Mühlebach.26

Dass heimkehrende Kriegsinvaliden in der Heimat mit großen Schwierigkeiten und Einschränkungen zu kämpfen hatten, zeigt ein Fall der Brüder Ulmer aus Dornbirn. Sie hatten wegen ihres zweifel haften Rufes offensichtlich Probleme mit den Obrigkeiten. Josef Anton und Martin Ulmer vom Oberdorf wurden einst mehr oder weniger unfreiwillig 1806/1807 zum Militär eingezogen. Beide kehrten 1815 als Kriegsinvalide aus Russland zurück. Josef Anton mit einer Kopfwunde, Martin mit erfrorenen Füßen. Als beide eine Familie gründen wollten, wurde ihnen die Heiratsgenehmigung verwehrt. Unfreiwilliger Kriegsdienst samt Invalidität als Folge summierte sich nun mit der blockierten Möglichkeit. Auch die finanzielle Situation in der Familie war schwierig. Der Umstand, dass dann der dritte Bruder, Johann Kaspar, von Seiten der Gemeinde für den Militärdienst vorgeschlagen wurde, dürfte schlussendlich das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Josef Anton war überzeugt, dass der gesellschaftlich auf der oberen Ebene angesiedelte Ortsvorsteher Adam Ulmer für diese Situation verantwortlich war. Und so reifte in ihm der Entschluss, wie er sich ausdrückte, "zur Unschädlich- und Untauglichmachung des Vorstehers Ulmer". So schmiedete der 34-jährige Kriegsveteran Josef Anton Ulmer, ein entfernter Verwandter des Ortsvorstehers, einen heimtückischen Plan für einen Meuchelmord. Er lauerte am 19. Jänner 1818 Adam Ulmer auf dessen Heimweg vom Wirtshaus zur Sonne im Ortsteil Sägen nach Oberdorf, beim sogenannten "Judengässel", auf und schlug ihn mit einer Schrotaxt mehrmals hinterrücks nieder. Die Untersuchungen über dieses grausame Verbrechen wurden sofort eingeleitet und nach einigen Tagen war der Täter ausgeforscht. Noch im gleichen Jahr wurde Josef Anton Ulmer vom Oberlandesgericht in Innsbruck zum Tode verurteilt. Die Exekution, mit dem Strange, erfolgte ein halbes Jahr später in Dornbirn.27

Ende der bayerischen Knechtschaft

Napoleon, der Schrecken und die Geisel Europas, flüchtete nach der Schlacht Anfang Dezember 1812 mit einer Handvoll Getreuen nach Paris. Den Rest seiner Armee, "morituri te salutant" (Die Totgeweihten grüßen dich!), überließ der Kaiser dem Schicksal. "Die Gesundheit Ihrer Majestät ist nie besser gewesen!", heißt es in Napoleons letztem Bulletin aus dem Russland-Feldzug. Doch sein Nimbus der Unbesiegbarkeit war zerstört. Die Niederlage ein Jahr später bei der Völkerschlacht bei Leipzig führte schlussendlich zum Zusammenbruch der französischen Vorherrschaft über Europa, zum Sturz des Kaisers der Franzosen und zu seiner Verbannung nach Elba. Der Versuch Napoleons, die Herrschaft noch einmal an sich zu reißen, scheiterte in der Entscheidungsschlacht bei Waterloo und endete mit seiner Verbringung nach St. Helena im südlichen Atlantik, wo er 1821 verstarb. Seine Invasion in Russland haben von den ursprünglich 600.000 Soldaten nur etwa 30.000 überlebt. Fast die gesamte Armee ging unter. So ist bekannt, dass vom Württemberger Kontingent in der Stärke von 16.000 Mann nur etwa tausend die Gefahren und die ungeheuren Strapazen des Krieges überlebten und in ihre Heimat zurückkehrten. Teilweise verbrachten sie vor ihrer Rückkehr längere Zeit in russischer Kriegsgefangenschaft. Auch Bayern, das eine Armee von 40.000 Mann unterhielt, von denen ca. 36.000 Mann im Russland-Feldzug waren, hatte einen Abgang von 30.000 Gewehren zu verzeichnen. Wie es im Gedicht vom Volksmund heißt "mit Mann und Ross und Wagen, so hat sie Gott geschlagen", brachte dieser sinnlose Krieg unzähliges Leid über die Soldaten in den kalten Wintertagen in Russlands weiten Ebenen.28

Nachdem die Truppen der Verbündeten, im Wesentlichen Russland, Preußen, Österreich und Schweden am 12. August 1813 Frankreich den Krieg erklärt hatte, verpflichtete sich Bayern zunächst zur Neutralität und schloss sich in weiterer Folge nach längerem Zögern, aber noch zeitgerecht, der Allianz gegen Napoleon an. In dieser wichtigsten Schlacht des Befreiungskrieges gegen die napoleonische Fremdherrschaft brachten die zahlenmäßig überlegenen verbündeten Heere Napoleon Bonaparte die entscheidende Niederlage bei, die ihn dazu zwang, sich mit der verbliebenen Restarmee und ohne Verbündete aus Deutschland zurückzuziehen. Die am 3. Juni 1814 unterzeichnete Pariser Konvention zwischen Bayern und Österreich legte schließlich fest, dass Bayern neben anderen Gebieten auch Tirol und Vorarlberg – allerdings ohne das Landgericht Weiler – abzutreten habe. Am 24. Juli 1814 fanden schließlich die Feierlichkeiten anlässlich der Rückkehr Vorarlbergs zu Österreich in Bregenz statt.29

Dekoration der Russlandveteranen

In Dornbirn wurde am 18. Oktober 1863, aus Anlass der Erinnerung an die Völker- und Befreiungsschlacht bei Leipzig vor 50 Jahren, eine recht "hübsche Feier" begangen, wie die Vorarlberger Landeszeitung zu berichten wusste. In der Früh wurde durch Böllerschüsse der Beginn des Festes angekündigt. Am Mittag fand die Dekorierung und Bewirtung von den noch lebenden zehn Russlandveteranen statt. Franz Josef Salzmann ("Leno Sepp", 1789–1870) und den beiden Schwendinger wurde das Bayerische Militärdenkzeichen 1813/1814 verliehen. Zusätzlich bekam Johann Schwendinger noch das Bayerische Veteranenabzeichen.30 Dabei musste sich Johann Georg Schwendinger eigens für diesen Anlass einen Anzug ausleihen. Am Abend marschierten die Turner und Sänger im Fackelzug, begleitet von der Musik auf den in der Nähe liegenden Zanzenberg, wo Musik und Gesang dem Feste einen würdigen Rahmen bescherten. Große Bergfeuer auf der Staufenspitze und Älpelekopf gaben weithin Nachricht von der Dankbarkeit der Söhne, dass das verflossene Blut auf Leipzigs Schlachtfeldern nicht verloren sei. Bei der Rückkehr zum Gasthaus "Zum Hirschen" ertönte noch auf dem Platze deutsches Liedgut, worauf beim Glase Wein ein recht gemütliches Beisammensein die Zusammengehörigkeit erfreulich kennzeichnete.31

Bayerische Militärdenkzeichen 1813/1814, rechts das Bayerische Veteranenabzeichen

Einzelnachweise

1 Alois Niederstätter, "Die bayerische Knechtschaft" – Vorarlberg in den Jahren 1805 bis 1814. In: Ulrich Nachbaur/Alois Niederstätter (Hg.), 200 Jahre Gemeindeorgani sation. Almanach zum Vorarlberger Gemeindejahr 2008, Bregenz 2009, S. 113–121, hier S. 114.
2 Christoph Volaucnik, Feldkirch in der Bayernzeit. In: Ulrich Nachbaur/Alois Nieder stätter (Hg.), 200 Jahre Gemeindeorganisation. Almanach zum Vorarlberger Gemein dejahr 2008, Bregenz 2009, S. 123–156, hier S. 139.
3 Rebecca Eiter, Spielball der Mächtigen: Vorarlberg unter bayerischer Herrschaft, Diplomarbeit Innsbruck 2009, S. 55–58.
4 Julia Murken, Bayerische Soldaten im Russland-Feldzug 1812. Ihre Kriegserfahrungen und deren Umdeutungen im 19. und 20. Jahrhundert (Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte 147), München 2006, S. 27–28.
5 Reinhard Heydenreuter, Tirol unter dem Bayerischen Löwen. Geschichte einer wechselhaften Beziehung, Innsbruck 2008, S. 143–144.
6 Ferdinand Hirn, Der Weiberaufstand in Krumbach. In: Forschungen und Mittei lungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs 4 (1907), S. 423–480.
7 Vorarlberger Landesarchiv, Landgericht Dornbirn, Schachtel 132, Militär 1806, Liste ohne Signatur.
8 Wie Anm. 2.
9 Siegfried Heim, Mit Napoleon nach Rußland. In: Heimat Wolfurt, Heft 7 (1991), S. 14.
10 Wie Anm. 2.
11 Bruno Koppensteiner, Nach Moskau und zurück. Das Desaster der Grande Armée an der Beresina 1812. In: Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte 36 (2010), S. 13.
12 Wolfgang Schmidt, Das Schicksal der bayerischen Kriegsgefangenen in Rußland 1812 bis 1814, Magisterarbeit Regensburg 1984, S. 21–43.
13 Siegfried Heim (wie Anm. 9), S. 17.
14 Arthur Schwarz, Heimatbuch Langenegg, 1981, S. 209–210.
15 Vorarlberger Volksblatt, 24.11.1912; Lebensbeschreibung des Gebhard Gierer („Russen Gierer“), Nonnenhorn 1860 (handschriftliches Unikat – Selbst erzählt seinen Kindern und Enkelkindern).
16 Julia Murken (wie Anm. 4), S. 18–34.
17 Rebecca Eiter (wie Anm. 3), S. 117–120.
18 Stadtarchiv Dornbirn, AT-StAD A.07.
19 Vorarlberger Landesarchiv, Landgericht Dornbirn, Schachtel 133, Militär 1815, 1-1297.
20 Karl Gamon, Das Nenzinger Sterbebuch erzählt, Feldkirch 1989, Seite 53–54.
21 Arthur Schwarz, Heimatbuch Egg, 1974, S. 59.
22 Recherchen von Hugo Diem (†), Dornbirn.
23 Leonhard Freiherr, Hauptmann von Hohenhausen, Attesta 1814 + 1953. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, KA, HS 702. Im Spital von Mogilev wurden ihm, um einen drohenden Wundbrand zuvorzukommen, von einem Spitalsgehilfen mit einer Papierschere die Zehen des rechten Fußes  amputiert. Von 1822 bis 1824 war Freiherr von Hohenhausen Erzieher des Kron prinzen und späteren Königs Max II.
24 Ernest Rhomberg, königlich bayerischer Hauptmann im Geniestab. Empfehlungs schreiben 1853, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, NL Hohenhausen 1, Aktenfaszikel A XV, 73. Sein gutes Verhältnis zum Freiherrn von Hohenhausen bezog sich nicht nur auf militärische Belange, sondern hatte auch andere Gründe. Joseph Anton Rhomberg nahm zusätzlich zu seinen eigenen vier Kindern ein Pflegekind namens Wilhelmine Fischer auf. Dieses Pflegekind wurde wie eine eigene Tochter großgezogen und heiratete 1864 den Freiherrn Leonhard von Hohenhausen.
25 Vorarlberger Volksblatt, 25.10.1912.
26 Vorarlberger Volksblatt, 24.10.1912.
27 Bruno Oprießnig/Hildegard Oprießnig Luger, Die "Ulmer". In: Dornbirner Schriften. Beiträge zur Stadtkunde 35 (2008), S. 6–97, hier S. 58–67.
28 Bruno Koppensteiner (wie Anm. 11), S. 39–40.
29 Alois Niederstätter (wie Anm. 1), S. 117.
30 Gestiftet von König Maximilian I. Joseph von Bayern für alle Kriegsteilnehmer 1813/14. Mit Erlass vom 27.3.1817 auch auf das Kriegsjahr 1815 ausgeweitet.
31 Vorarlberger Landeszeitung, 22.10.1863