Die Madruzzo (eingedeutscht Madrutz u. ä.) waren eine italienische Adelsfamilie mit Stammsitzen in Nanno und Denno am Nonsberg im Trentino, das sich ab 1452 nach seiner damals erworbenen Besitzung Castello Madruzzo in Lasino benannte.
Sie stellte in der frühen Neuzeit vier Fürstbischöfe von Trient, damit Herrscher über das Trentino, und erlangte so auch auf europäischem Niveau zwischen Reich und Papst einige Bedeutung.
Geschichte
Das Geschlecht der Madruzzo nannte sich ursprünglich nach seinen Besitzungen Nanno und Denno (das letztere Schloss ist heute verschwunden) im Trentino (Region Trentino-Südtirol in Norditalien). Der erste geschichtlich fassbare Vertreter dieser Familie war Roberto signore di Nanno, der am 23. Juli 1217 als Vasall der Grafen von Eppan im Nonstal urkundlich auftritt.
Schloss und Herrschaft Madruzzo (in Lasino im Valle dei Laghi auf dem Weg von Trient zum Gardasee) gehörten ursprünglich einer Adelsfamilie di Madruzzo. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts heiratete eine Tochter aus dem Hause Madruzzo einen Herrn von Denno-Nanno, wodurch diese Familie erstmals Landbesitz in der Gegend von Madruzzo erwarb. Nach dem Aussterben derer von Madruzzo im Jahr 1380 gelangte die Burg Madruzzo an andere Erben, bis es 1447 Aliprando, einem Sohn von Guglielmo di Denno-Nanno, gelang, die Burg käuflich zu erwerben. Seit 1452 nannte sich dessen Bruder, Giovanni di Nanno (+ vor 1469), auch Herr von Madruzzo. Er war zugleich "Sindaco" (etwa: Bürgermeister) von Madruzzo, Calavino und Lasino. Ab 1475 nannten sich seine Nachkommen vorwiegend nach Madruzzo. Dessen Sohn Federico von Nano, Herr von Madruzzo, kommandierte 1487 für den römisch-deutschen König Maximilian I. Truppen gegen Venedig. Im 16. Jahrhundert kam auch das Castel Toblino an die Madruzzo, ein altes bischöfliches Lehngut, das zum bevorzugten Sommeraufenthalt der Bischöfe aus dem Hause Madruzzo wurde. Durch Isabelle de Challant (1531-1596), Gemahlin des Giovanni Frederico di Madruzzo (1535-1586), kam das Castello di Issogne im Aosta-Tal an die Familie.
Mit Giovanni Gaudenzio Madruzzo, dem Sohn Federicos, begann die Blütezeit der Madruzzo. Dieser erwarb sich in Diensten Kaiser Karls V. militärischen Ruhm und freiherrlichen Rang. Er war Mitglied des Geheimen Ratskollegiums von Karls Bruder Ferdinand I. sowie Hofmeister von dessen Söhnen. Sein enger Freund, Kardinal Bernhard von Cles, Fürstbischof von Trient, entsandte ihn unter anderem auf den Reichstag zu Worms (1521).
Sein Sohn Cristoforo Madruzzo (1512-1578) wurde 1539 Fürstbischof von Trient und damit Herrscher über das Trentino. Diese Position, die die Familie weit über ein Jahrhundert besetzen konnte, bildete die Basis für ihre Machtstellung. Cristoforo war außerdem Gastgeber und bedeutender Theologe des Konzils von Trient. Die Zugehörigkeit sowohl zum Heiligen Römischen Reich und dem seine Kaiser stellenden Haus Habsburg, als auch zum italienischen Kulturbereich (unter anderem als Kardinäle der Kurie) wies den Trientiner Fürstbischöfen zudem eine Mittlerrolle zwischen beiden zu, aus der die Bedeutung der Familie erwuchs. 1543 wurde er auch Fürstbischof von Brixen. 1556 ernannte der spanische König Philipp II. Cristoforo zum Gouverneur des Herzogtums Mailand. Im Jahre 1567 verließ er diesen Posten und trat auch von seinem bischöflichen Stuhl in Trient zugunsten seines Neffen Giovanni Ludovico Madruzzo (1532-1600) zurück, der seit 1550 Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge war; in Brixen folgte ihm nach seinem Tod sein Neffe Johann Thomas von Spaur als Fürstbischof nach.
Geschickte Heiratspolitik verband die Madruzzo in dieser Zeit mit mächtigen europäischen Adelsfamilien, so den Medici, Fugger, Gonzaga, Orsini und den Herren von Ems bzw. Altemps.
Folgende waren die Fürstbischöfe aus dem Hause Madruzzo:
Cristoforo di Madruzzo, Kardinal
Cristoforo Madruzzo studierte an den Universitäten Padua und Bologna Theologie und stieg in der Kirchenhierarchie schnell empor.
1539 wurde er zum Fürstbischof von Trient ernannt, 1542 spendete ihm der Brixener Bischof Christoph Fuchs von Fuchsberg die Bischofsweihe und nach dessen Tod wurde Madruzzo zusätzlich zum Bischof von Brixen ernannt.
1542 erfolgte seine Erhebung zum Kardinal in pectore, was erst 1545 veröffentlicht wurde. Er erhielt zunächst die Titelkirche San Cesareo in Palatio, wechselte aber 1560 als Kardinalpriester zunächst nach San Crisogono und kurz darauf nach Santa Maria in Trastevere.
Madruzzos wichtigste Leistung als Bischof war die Eröffnung und der Schutz des Konzil von Trient (1545-1563).
Madruzzo war im Wesentlichen ein Politiker und ein treuer Helfer der Habsburger. Während des Konzils empfing er König Philipp II. von Spanien, Herzog Emanuel Philibert von Savoyen und andere Würdenträger nicht nur im fürstbischöflichen Castello del Buonconsiglio, sondern auch in dem von ihm eigens zu diesem Anlass neu erbauten Palazzo delle Albere bei Trient. Er ließ auch das Familienschloss Castel Nanno ab 1531 neu aufbauen und errichtete 1561 in Soriano nel Cimino, das er als Lehen im Kirchenstaat erhalten hatte, eine Villa.
Giovanni "Ludovico" di Madruzzo, Kardinal
Johann "Ludwig" von Madrutz (1532-1600) erhielt im Februar 1561 durch Papst Pius IV. den Kardinalshut, und kurz darauf wurde ihm als Titeldiakonie die Kirche San Callisto in Rom zugewiesen.
1562 wechselte er als Kardinaldiakon zu Sant'Onofrio und wurde 1569 Kardinalpriester derselben Kirche.
Nach seiner Priesterweihe 1564 für sein Heimatbistum wurde er 1567 Fürstbischof von Trient, empfing aber erst 1570 die Bischofsweihe durch Kardinal Stanislaus Hosius.
Aufgrund der Kontraste mit Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, der das Bistum 1567 auch militärisch besetzte, verbrachte Madruzzo lange Zeit in Rom und blieb dort bis an sein Lebensende; nur noch sporadisch - so im Jahr 1579 - hielt er sich in Trient selbst auf.
Johann "Ludwig" von Madrutz nahm 1582 als Päpstlicher Legat am Augsburger Reichstag teil und spendete dort am 12. August 1582 dem neuen Trierer Bischof Johann von Schönenberg (1525-1599) die Bischofsweihe.
1586 wurde er Kardinalpriester von Sant'Anastasia und 1591 von San Lorenzo in Lucina. Papst Clemens VIII. erhob ihn schließlich 1597 in den Rang eines Kardinalbischofs von Sabina und noch in seinem Todesjahr 1600 zum Kardinalbischof vom Frascati.
In seinem langjährigen Kardinalat konnte Johann "Ludwig" von Madrutz an sieben Papstwahlen teilnehmen: Es sind die Konklaven von 1565/1566, von 1572, 1585, vom September 1590, von Oktober-Dezember 1590, von 1591 und von 1592. Nach seinem Tod im Jahr 1600 berief Papst Clemens VIII. Madruzzos Neffen, Carlo Madruzzo, zu dessen Nachfolger.
Carlo Gaudenzio di Madruzzo, Kardinal
Karl Gaudenz von Madrutz kam anno 1562 im Schloss von Issogne im Aostatal zur Welt. Er war ein römisch-katholischer Kardinal und Bischof, Fürstbischof von Trient von 1600 bis 1629.
Lange Zeit wurde er von seinem Onkel, dem Kardinal Johann "Ludwig" von Madrutz (1532-1600), in Rom aufgenommen, um seine Ausbildung zu erweitern und zu vervollkommnen. Da Johann "Ludwig" von Madrutz Titular des bischöflichen Fürstentums Trient tätig war, wurde Karl Gaudenz 1595 zum Koadjutorbischof von Trient ernannt.
Nach dem Tod seines Onkels Johann "Ludwig" im Jahr 1600 wurde Karl Gaudenz Titularbischof der Diözese Trient und damit der dritte Fürstbischof dieser Art von "Kirchendynastie", die von der mächtigen Familie Madruzzo repräsentiert wurde. Am 9. Juni 1604 wurde er von Papst Clemens VIII. zum Kardinal ernannt.
In seiner Tätigkeit als geistlicher Führer der tridentinischen Kirche engagierte sich Karl Gaudenz in einer breit angelegten Operation des Kampfes gegen Häresie und Hexerei (oft angenommen) in den Tälern des Trentino, beim Bau neuer Kirchen und bei der Erfüllung der Bestimmungen des Konzils von Trient, während er als weltlicher Fürst ein stabiles Gleichgewicht mit dem Kaiser suchte, indem er neue Regeln für die Verteidigung des Fürstentums aufstellte.
Im Jahr 1620 zog Karl Gaudenz von Madrutz endgültig nach Rom und erreichte es, wie damals sein Onkel Johann "Ludwig", seinen Neffen, Karl Emanuel zum Koadjutorbischof von Trient ernennen zu lassen, der ihm nach seinem Tod (14. August 1629) als Titularbischof nachfolgte.
Carlo Emanuele di Madruzzo, Fürstbischof
Karl Emanuel von Madrutz wurde am 7. November 1599 als Sohn des Emanuel Renato von Madrutz und dessen Gattin Philiberte Seyssel de la Chambre im Castello di Issogne, im Aostatal geboren. Er war der Neffe des Kardinals Karl Gaudenz von Madrutz (1562-1629), der Großneffe des Kardinals Johann "Ludwig" von Madrutz (1532-1600) und Urgroßneffe des Kardinals Christoph von Madrutz (1512-1578), den Fürstbischöfen von Trient.
Karl Emanuel studierte Grammatik und Rhetorik in München und Philosophie in Ingolstadt bei den Jesuiten und zeichnete sich durch seinen milden und frommen Charakter aus. Anschließend zog er nach Perugia, um Jura zu studieren, und blieb dort bis 1619, als er nach Trient zurückgerufen wurde.
Mit kaiserlichem Dekret wurde er am 2. Juli 1622 zum Koadjutorbischof seines Onkels Karl Gaudenz ernannt. Papst Gregor XV. bestätigte diese Ernennung am 24. August 1622 und bestellte ihn zum Titularbischof von Aureliopolis in Asia minori. Am 28. Oktober 1627 wurde er zum Priester und zwei Tage später, am 30. Oktober 1627 von seinem Onkel Karl Gaudenz zum Bischof geweiht. Am 14. August 1629 wurde er dessen Nachfolger als Fürstbischof von Trient und am 21. Mai 1630 im Dom zu Trient in sein Bistum installiert.
Er regierte in einer Krisenzeit aufgrund des Dreißigjährigen Krieges und der Spannungen zwischen Kaiserreich und Papsttum. Es war sein Verdienst, 1648 von Österreich die Teilautonomie des bischöflichen Fürstentums Trient erlangt zu haben.
Er war der am meisten diskutierte Vertreter der Familie Madruzzo, sowohl wegen seiner Flucht vor der Pest im Jahr 1630 als auch wegen seiner skandalösen Beziehung zu Claudia Particella, der Tochter eines seiner Berater. Karl Emanuel von Madrutz hat vergeblich um eine päpstliche Dispens ersucht, um seine Mätresse rechtmässig heirateten zu können: Erzürnt über eine weitere Ablehnung soll er Papst Alexander VII. geohrfeigt haben.
Fürstbischof Karl Emanuel von Madrutz starb plötzlich am 15. Dezember 1658 im Alter von 59 Jahren. Mit ihm starb 1658 die Familie im Mannesstamm aus. Freilich hinterließ er einige illigetime Nachkommen, die auch weiterhin politisch und wissenschaftlich hervortraten.
Der Hauptsitz der Familie, das Castel Madruzzo, sowie das Castello di Issogne fielen im Erbgang und durch Heirat 1661 an die Familie Lenoncourt und 1691 an die Del Carretto, Marchesi di Balestrino, die Letzteres nach einem Erbstreit 1696 an eine Linie der ursprünglichen Besitzerfamilie von Challant herausgeben mussten. Das Castel Nanno fiel an die Trentiner Kirche.
Dem aus einer Seitenlinie stammenden Andreas Nikolaus Madruzzo (1685-1726) gelang es, offiziell als Nachfahre des Geschlechts bestätigt zu werden, jedoch starb auch diese Linie 1796 im Mannesstamm aus.
Mitglieder des Hauptzweigs
- Giovanni Gaudenzio di Madruzzo (1486-1550) oo anno 1507 mit Euphemia von Sporemberg (* ca. 1490) - Sparrenberg
- Nicola di Madruzzo (1508-1572)
oo1 anno 1530 mit Helene von Lamberg (+ 1559)
oo2 anno 1560 mit Gerardina von Arco (1499-1551)- Ferdinando Fortunato di Madruzzo (1534-1556) oo mit Ursula Margarethe, Gräfin von Hohenems (1536-1608)
- Niccolò IV. di Madruzzo
- Giannangelo Gaudenzio Madruzzo, Baron von Avio und Brentonico (1562-1618)
oo1 anno 1562 mit Caterina Orsini
oo2 anno 1584 Alfonsina Gonzaga - Elena di Madruzzo (1564-1627) oo mit Georg, Graf Fugger von Nordendorf
- Orsola di Madruzzo oo mit Christoph von Wolkenstein-Rodenegg
- Cecilia di Madruzzo (+ 1633)
- Giovanni Frederico di Madruzzo (1535-1586) oo anno 1557 mit Isabelle de Challant (1531-1596), Erbin des Castello di Issogne im Aosta-Tal
- Emmanuele Renato di Madruzzo (+ 1614) oo anno 1596 mit Emmanuelle Philiberte de Seyssel
- Carlo Emanuele di Madruzzo (1599-1658), Graf von Challant, Fenis, Avio Aaberg, Fürstbischof von Trient
- Vittorio Gaudenzio di Madruzzo (+ 1631), Graf von Challant, Fenis, Avio und Aaberg oo mit Ersilia d'Adda
- Carlo Gaudenzio di Madruzzo (1562-1629) Fürstbischof von Trient, Kardinal (1604), Bischof von Smyrna (1595), Bischof von Sabina (1606)
- Gian Gaudenzio di Madruzzo, auf Castel Toblino
- Cristina di Madruzzo (1563-1624)
oo1 anno 1581 mit Claudius von Salm (+ 1583)
oo2 anno 1583 mit Conte di Roussilon - Gabriele Ferdinando di Madruzzo, Baron di Bauffremont (1564-1507) oo anno 1598 mit Bonne de Livron
- Margherita di Madruzzo (1565-1602) oo mit Delfino Tizzoni Maria Graf von Desana
- Caterina di Madruzzo (1570-1623) oo mit Hannibal Grimaldi, Graf von Boglio
- Elena di Bona Madruzzo (1572-1639) oo mit Prospero Frichignono, Conte di Castellengo e Tronzano
- Eleonora di Madruzzo (1573-1636) oo mit Carlo Adriano Costa, Conte di Polonghera, Arignano e Fortepasso
- Isabella di Madruzzo oo mit Guido Conte di San Giorgio
- Emmanuele Renato di Madruzzo (+ 1614) oo anno 1596 mit Emmanuelle Philiberte de Seyssel
- Euphemia di Madruzzo
- Giovanni Ludovico di Madruzzo (1532-1600), Fürstbischof von Trient und Kardinal
- Elisabetta di Madruzzo (1538-1592) oo mit Johann von Wolkenstein-Rodenegg
- Odorico di Madruzzo
- Gaudenzio di Madruzzo
- George di Madruzzo
- Giulia di Madruzzo oo mit Leopold, Freiherr von Herberstein
- Eriprando di Madruzzo
- Cristoforo di Madruzzo
- Alessandro di Madruzzo
- Isabella di Madruzzo oo mit Johann von Wolkenstein
- Gaudenzio di Madruzzo
- Ferdinando Fortunato di Madruzzo (1534-1556) oo mit Ursula Margarethe, Gräfin von Hohenems (1536-1608)
- Cristoforo Madruzzo (1512-1578), Fürstbischof von Trient, Bischof von Tusculum und Kardinal
- Eriprando Baron di Madruzzo (1523-1547) oo mit Maxentia Floriani
- George Madruzzo (+ 1560)
- Baldassarre di Madruzzo
- Marta di Madruzzo oo mit Joseph von Egger
- Catarina di Madruzzo (+ 1551) oo mit Ulrich zu Spaur und Flavon (1495-1549)
- Johann Thomas von Spaur (1528-1591), Fürstbischof von Brixen
- Christoph Andreas von Spaur (1543-1613) Bischof von Gurk und Brixen
- Birgitta di Madruzzo (+ 1576) oo anno 1531 mit Johann Freiherr zu Trautson Sprechenstein (1509-1589)
- Nicola di Madruzzo (1508-1572)
Wappen der Adelsfamilie von Madrutz
Der Wappenschild ist geviert.
Er zeigt in Feld 1 und 4 sechs schräggestellte Balken in Silber und Blau, das Wappen der Familie Nano,
in Feld 2 und 3 auf schwarzem Grund einen silbernen Fünfberg, der mit einem Roten Sparren belegt ist, das Wappen der Familie Sparrenberg (Sparemberg).
Der Mittelschild zeigt das alte Madruzzowappen in Rot, in der unteren Hälfte zwei silberne Pfähle.
Quelle: Wikipedia
Die Genealogie der Adelsfamilie von Madrutz (Madruzzo) befindet sich im Stammbaum-Netzwerk und im Familienbuch Adelsgeschlechter.