Der "Spartakusaufstand" war ein bedeutendes Ereignis in der deutschen Geschichte, das am 5. Januar 1919 begann. Er wurde von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und der Spartakusgruppe angeführt, die eine sozialistische Revolution in Deutschland anstrebten. Der Aufstand fand in Berlin statt und war Teil der revolutionären Unruhen, die Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg erschütterten.
Hintergrund
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs herrschte in Deutschland eine politische und wirtschaftliche Krise. Die Novemberrevolution von 1918 hatte zur Abdankung des Kaisers und zur Ausrufung der Weimarer Republik geführt. Die KPD und die Spartakusgruppe, angeführt von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, waren jedoch mit den Reformen der neuen Regierung unzufrieden und forderten eine radikalere Umgestaltung der Gesellschaft.
Verlauf
Am 4. Januar wurde der Berliner Polizeipräsident Emil Eichhorn entlassen - wie der Historiker Benjamin Ziemann schreibt, "eine überfällige Entscheidung". Die Entlassung wurde von der radikalen Linken als Provokation angesehen. Noch am gleichen Tage beschloss der Vorstand der Berliner USPD zusammen mit den Revolutionären Obleuten, am Folgetag eine Demonstration durchzuführen. Die Beteiligung übertraf alle Erwartungen der dazu Aufrufenden. Während der Demonstration am 5. Januar besetzten Bewaffnete, angestachelt von Spitzeln und Provokateuren und unter deren Beteiligung, die Druckereien des sozialdemokratischen Vorwärts und des Berliner Tageblatts sowie die Verlagsgebäude von Scherl, Ullstein, Mosse, die Druckerei Büxenstein und das Wolffsche Telegraphenbüro. Die mutmaßliche Umlenkung der Massenproteste vom potentiellen Ziel Regierungsviertel in das Zeitungsviertel durch Polizeispitzel bezeichnete der Historiker Jörn Schütrumpf als "strategische Meisterleistung".
Die führenden Leute der Obleute, der USPD und der KPD kamen am Abend des 5. Januars zu einer Sitzung zusammen, um das weitere Vorgehen zu bestimmen. Die meisten der Anwesenden unterstützten die Besetzung des Berliner Zeitungsviertels und waren dafür, jetzt den Kampf gegen die sozialdemokratische Regierung aufzunehmen. Karl Liebknecht war durch die Großdemonstration und die Falschmeldung, alle Regimenter in und um Berlin stünden auf ihrer Seite, "in einen Zustand der revolutionären Euphorie versetzt" worden. Nur zwei Sprecher der Obleute, Richard Müller und Ernst Däumig, sprachen sich gegen diese Vorgehensweise aus. Beide befürworteten eine zweite Revolution gegen den Rat der Volksbeauftragten zwar grundsätzlich, hielten aber den Zeitpunkt für verfrüht und taktisch unklug; sie stimmten lediglich für einen Generalstreik. Gegen sechs Stimmen aus den Reihen der Obleute wurde von ca. 70 Anwesenden ein provisorischer Revolutionsausschuss zum Sturz der Regierung und für die Übernahme der Macht beschlossen und aus 53 Personen gebildet. Georg Ledebour, Liebknecht und Paul Scholze waren die drei gleichberechtigten Vorsitzenden.
Der Revolutionsausschuss rief die Berliner Arbeiterschaft am Folgetag zu einem Generalstreik für den 7. Januar und zum Sturz der Restregierung Eberts auf. Dem Aufruf folgten etwa 500.000 Menschen, die in die Innenstadt strömten. Eine große Menschenmenge sammelte sich auf den Straßen und Berliner Plätzen. Sie nahm in den Folgetagen weder an Kämpfen teil, noch wurde sie von den Streikführern beteiligt, obwohl sie wie schon am 9. November 1918 zum Entwaffnen der Soldaten bereit war. Auf ihren Plakaten und Spruchbändern standen zum Teil dieselben Parolen wie zu Beginn der Novemberrevolution: "Frieden und Einigkeit".
In den folgenden zwei Tagen konnte sich der Ausschuss nicht auf das weitere Vorgehen einigen. Einige Vertreter forderten den bewaffneten Aufstand, andere plädierten für Verhandlungen mit Ebert. Insbesondere war der Ausschuss nicht in der Lage, den Hunderttausenden in den Straßen und Plätzen auf Anweisungen wartenden Demonstranten zu signalisieren, was zu tun sei. Diese gingen daher sowohl am 6. als auch am 7. Januar abends wieder nach Hause. An diesen beiden Tagen hätten sie nach Einschätzung des Publizisten Sebastian Haffner die Chance gehabt, durch Übernahme der Reichskanzlei die Regierung der Volksbeauftragten zu stürzen.
Der KPD-Führer Karl Liebknecht befürwortete, anfänglich noch gegen den Rat von Rosa Luxemburg, das Vorhaben, einen Bürgerkrieg zu entfesseln: Der Rat der Volksbeauftragten sollte mit Waffengewalt gestürzt und damit die für den 19. Januar angesetzten ersten freien Wahlen zur Nationalversammlung verhindert werden. Liebknecht fürchtete, die KPD könnte sich andernfalls zu sehr von den Arbeitern isolieren, die den Sturz der Regierung anstrebten. Zugleich versuchten die KPD-Vertreter, einige der in Berlin stationierten Regimenter, vor allem die Volksmarinedivision, auf ihre Seite zu ziehen. Dies gelang jedoch nicht, weil die meisten der Soldaten bereits zu Hause waren, weil sie sich entweder als neutral erklärten oder weil ihre Loyalität dem bisherigen Rat der Volksbeauftragten galt. Auf der anderen Seite stellte sich ein Teil der Berliner Bevölkerung, insbesondere des Bürgertums, hinter die Regierung Ebert, folgte einem Streikaufruf und sicherte Regierungsgebäude seit dem 6. Januar als lebende Schutzschilde.
Ab dem 6. Januar verhandelte der Revolutionsausschuss auf Vermittlung der USPD-Leitung ohne klares Ziel mit Ebert. Am 7. Januar scheiterten die Verhandlungen an der beiderseitigen Kompromissunfähigkeit: Der Rat der Volksbeauftragten verlangte die Räumung der besetzten Zeitungsgebäude, die Aufständischen beharrten auf der Wiedereinsetzung Eichhorns. Ein Kompromissvorschlag des gemäßigten USPD-Politikers Karl Kautsky, die Wiederherstellung der Pressefreiheit zur Bedingung zu machen, wurde nicht ausgelotet, da sich sowohl die MSPD als auch der Zentralrat dagegen aussprachen. Damit war die Chance zur gewaltfreien Beilegung des Konflikts vertan. Am selben Tag übertrug Ebert Gustav Noske den Oberbefehl über die Truppen in und um Berlin, und es ergingen Aufrufe zur Aufstellung weiterer Freikorps in Berlin. Noske befahl gleich nach seiner Ernennung, alle Mitglieder des Revolutionsausschusses telefonisch überwachen zu lassen, um sie später festzunehmen. Dazu wurden 50 ausgesuchte Offiziere in allen Berliner Postämtern eingesetzt.
Am 8. Januar rief der Rat der Volksbeauftragten die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Aufständischen und deren beabsichtigte Regierungsübernahme auf. Das entsprechende Flugblatt mit dem Titel: "Die Stunde der Abrechnung naht!" drohte die gewaltsame Niederschlagung des Aufstands an. Am 9. Januar 1919 verlangten die revolutionären Obleute, der Zentralvorstand der Berliner USPD und der KPD in einem gemeinsamen Aufruf den Kampf gegen "die Judasse in der Regierung. […] Sie gehören ins Zuchthaus, aufs Schafott. […] Gebraucht die Waffen gegen eure Todfeinde."
Die Masse der Arbeiterschaft folgte wohl dem Aufruf zum Generalstreik zur Verhinderung der Gegenrevolution; sie wollte aber von militärischen Kämpfen nichts wissen. Sie verlangte im Gegenteil nach wie vor die Einheit der sozialistischen Kräfte und forderte am 9. Januar bei einer Großversammlung im Humboldthain den Rücktritt aller für den "Brudermord" verantwortlichen Führer. Als Verantwortliche für die Situation wurden sowohl die Regierung Ebert, als auch Ledebour und Liebknecht angesehen. Zahlreiche in den Betrieben entstandene Resolutionen forderten das Ende der Straßenkämpfe und die Schaffung einer Regierung, in der alle sozialistischen Parteien vertreten sein sollten.
Am 10. Januar überfiel die Brigade Reinhard unter Leitung des Kommandanten von Berlin, Oberst Wilhelm Reinhard, das spartakistische Hauptquartier in Spandau. Am 11. Januar gab Noske den Einsatzbefehl gegen die Besetzer des Vorwärts. Die Angreifer waren noch mit Kriegsausrüstung bewaffnet und ihren Gegnern daher weit überlegen. Das Freikorps Potsdam eroberte das Gebäude mit Flammenwerfern, Maschinengewehren, Mörsern und Artillerie. Auch weitere besetzte Gebäude und Straßen im Zeitungsviertel wurden bis zum 12. Januar erobert. Zu organisierten Schlachten kam es nicht, da die Aufständischen nicht darauf vorbereitet waren; vielfach ergaben sie sich freiwillig. Dennoch erschoss das Militär über hundert Aufständische und eine unbekannte Zahl von unbeteiligten Zivilisten vor Ort. Ermordet wurden etwa am 11. Januar sieben Parlamentäre, die über eine Übergabe des Vorwärts-Gebäudes verhandeln wollten. Das Militär war an Verhandlungen nicht interessiert und verschleppte die Parlamentäre als Geiseln in die Berliner Dragoner-Kaserne. Unter den Ermordeten befanden sich der jüdische Sozialist Wolfgang Fernbach sowie der Arbeiterdichter Werner Möller. Ein Untersuchungsausschuss des Preußischen Landtags bezifferte die Zahl der Todesopfer später auf 156. Die Militärs hatten dreizehn Gefallene und zwanzig Verwundete.
Am 13. Januar rückten die umliegenden Freikorps in die Stadt ein. Das größte von ihnen war die so genannte Garde-Kavallerie-Schützen-Division unter dem Offizier Waldemar Pabst, der im Krieg General Hans von Seeckt unterstanden hatte. Die Berliner Zeitungen begrüßten den Einzug nach Ende der Kämpfe als Wiederherstellung von "Ruhe und Ordnung". Der militärischen Besetzung folgten erhebliche Gewaltexzesse der rechtsgerichteten Truppen, die weit über vorherige Gewalttaten einiger Linker hinausgingen.
Folgen
Der Spartakusaufstand endete am 12. Januar 1919 mit der Niederlage der Aufständischen. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden am 15. Januar 1919 von Freikorps-Soldaten gefangen genommen und ermordet. Der Aufstand und die brutale Niederschlagung hatten weitreichende Folgen für die deutsche Politik. Die KPD radikalisierte sich weiter und die Spaltung der Arbeiterbewegung vertiefte sich, was die politische Stabilität der Weimarer Republik weiter untergrub.
Der Spartakusaufstand bleibt ein symbolträchtiges Ereignis in der deutschen Geschichte und wird oft als Beispiel für den Kampf um soziale Gerechtigkeit und die Gefahren politischer Gewalt betrachtet.
Quelle: Wikipedia